Galatasaray Istanbul vs Kayserispor (Türk Telekom Stadyumu)

14.08.2017 Ankick: 20:45

Als letzten der drei Istanbuler Vereine besuchte ich auf meiner Reise Galatasaray. Das war vor allem der Tatsache geschuldet, dass beim ersten Versuch “die Löwen” ein Opfer der restriktiven türkischen Sportpolitik gewesen waren und auf Grund von Ausschreitungen im Pokal ein Ligamatch ohne Zuschauer stattfinden musste. Doppelt bitter: Ich hatte mir natürlich ein Original Podolski Trikot machen lassen, der Prinz verliess die Türkei jedoch nach Ende der vorigen Saison gen Japan. Randnotiz: Selbst Originaltrikots der Vereine kosten in Istanbul auch mit Aufdruck meist nicht mehr als 25€. Zwar war Prinz Poldi bei seiner Stippvisite in der Türkei nicht immer in Topform, aber der Siegtreffer im Pokalfinale 2016 gegen Fenerbahce ist den meisten Fans noch in äußerst guter Erinnerung geblieben.

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Aktuell war die Situation um Galatasaray eher bescheiden. International war man für ein Jahr von allen europäischen Wettbewerben gesperrt wurden und 2016/2017 lief es auch in der Liga nicht so wie gewollt. Der 4. Platz ist für die hohen Ansprüche der Löwen natürlich viel zu wenig. Die Euphorie um Besiktas, auch was das neue Stadion und den hohen Zuschauerschnitt angeht, tat sein Übriges. Zu allem Überfluss scheiterte man Ende Juli in der Europa League Qualifikation gegen Östersunds FK.

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Die Vorzeichen vor der neuen Saison standen also schlecht, die Fans von Gala sind jedoch trotzdem euphorisch. Auf vielen Seiten wird von Besuchen türkischer Fussballspiele abgeraten. Zu leicht könne man ein Opfer gewaltbereiter Fans werden. Meine Erfahrung das Gegenteil: Mit meinem Podolski Trikot fiel ich schon in der Ubahn auf und wurde sogleich in den Kreis der Fans aufgenommen. Meiner neuer Spitzname war ab jetzt Poldi. Leider musste ich mich von meinen neuen Freunden vor den Stadiontoren trennen, was mal wieder an meiner Tagespassoligkarte lag. Denn wie schon bei den anderen Spielen musste ich meine reservierten Tickets erst an einem Schalter abholen und wie auch schon bei Besiktas und Fenerbahce gab es lange Schlangen an den Tageskassen. Die Geschwindigkeit war auch nicht gerade überragend, denn es muss natürlich jeder Ausweis mit der Reservierung gegengecheckt werden. Trotzdem schaffte ich es mit nur minmaler Verzögerung ins Stadion.

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Die Türk Telekom Arena fasst knapp über 50.000 Zuschauer und ist damit das zweitgrösste Stadion der Türkei. Seit 2011 ersetzt die Arena das altehrwürdige Ali Sami Yen Stadyumu, welches mit seinen 23.000 Plätzen doch etwas unterdimensioniert für Galatasaray wirkte. Allerdings sind die Zuschauerzahlen in der Türkei seit der Einführung des Passoligsystem stark rückläufig. Kamen in der Saison 2012/2013 noch 39.000 Zuschauer zu den Galatasaray Spielen, waren es 2016/2017 am Tiefpunkt sogar nur durschnittlich 18.000 Fans. Besonders kritisiert werden die Personalisierung der Karten, das Erschweren von Weiterverkauf sowie die umständliche Abholung am Spieltag für Tageskarten. Letzteres wurde durch die Einführung einer App wesentlich erleichtert. Da dieser Artikel erst so spät erscheint noch der Nachtrag: Dieses Jahr besuchten wieder 39.000 Fans die Spiele der Löwen.

Trivia: Eigentlich hiess das Türk Telekom Stadyumu vorher Arena, aber Präsident Erdogan entschied Mitte 2017 die türkischen Stadiennamen zu türkisieren und damit heisst die Arena jetzt Stadyumu. Ich verwende einfach beide Namen. Vielleicht auch aus Protest.

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Noch ein paar Worte zum Kader: Nachdem teure Vertragsspieler wie Sneijder und auch Podolski den Verein verlassen hatten, gab es wieder etwas Spielraum in der Kaderplanung von Gala. Trotzdem bleibt man seinem Stil alternde Stars aus den europäischen Topligen zu verpflichten treu. Diese Taktik der grossen türkischen Vereine spiegelt, wie ich finde, auch direkt die Misserfolge der türkischen Nationalmannschaft wieder.  Ein paar der neuen Namen: Sofiane Feghouli (West Ham, FC Valencia und einigen aus dem aufregenden Achtelfinale der Deutschen gegen Algerien 2014 bekannt), Younes Belhanda (Dynamo Kiew), Fernando (Manchester City) und der bullige Stürmer Bafetimbi Gomis (Swansea City). Aus deutscher Sicht vielleicht bekannt: Tolga Cigerci (VfL Wolfsburg, Hertha BSC), Eren Derdiyok (TSG Hoffenheim, Bayer 04 Leverkusen) sowie Koray Günter (Borussia Dortmund).

Gegner am heutigen Abend war Kayserispor aus der gleichnamigen Stadt in Kappadokien. Bekannteste Namen sind wohl Asamoh Gyan, der nach einer Tour durch die Söldnerligen in Arabien und China noch in der Türkei etwas Geld verdienen will und der mittlerweile 35 Jahre alte Umut Bulut, der in knapp 180 Einsätzen für Galatasaray sowie ebenfalls rund 180 Spielen für Trabzonspor immerhin 120 Tore vorweisen kann. Die Favoritenrolle war trotzdem klar.

Galatasaray legte los wie die Feuerwehr und nach 16 Minuten jubelte die Türk Telekom Arena das erste mal. Torschütze: Ein alter Bekannter Tolga Cigerci. Aber Kayseri kam glücklich zum Ausgleich in Form von Levent Gülen. Aber die Löwen machten noch vor der Pause alles klar und erhöhten durch Belhanda und Gomis auf 3:1. Die zweite Halbzeit verflachte zusehends aber als Gomis in der 87. das 4:1 erzielte kochten die Emotionen nochmal hoch und besonders als der seinen berühmten Raubtierjubel zeigte.

Die Stimmung war die gesamte Zeit über euphorisch auch wenn nur knapp 32.000 Zuschauer zugegen waren. Die ultrAslan feierten eine feine Party auch wenn die Kurve gesanglich durchaus mehr im Kollektiv agieren könnte, aber die Stimmung in der Türkei ist durchaus viel mehr spielbezogen. Sobald die Fans merken, die Mannschaft kommt gibt es wilde und laute Anfeuerungsrufe, aber sobald das Spiel verflacht setzt man sich gerne auf seinen Stuhl und starrt auf sein Handy.

Trotz der Tatsache, dass ich nicht ein letztes Mal Poldi sehen durfte, war ich eigentlich glücklich Gala nicht vor 15.000 schlecht gelaunten Fans in der letzten Saison gesehen zu haben. Die Euphorie war da und man merkt direkt, dass dieses Jahr Galatasaray wieder um die Meisterschaft mitspielen will (was sie jetzt auch tun).

Statistik:

Zuschauer: 31.394

Tore: Cigerci (16.), Gülen (29.), Belhanda (35.), Gomis (37., 87.)

 

 

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